Auf Wiedersehen, Isabella!

Sie waren so klein, als sie zu uns in die Kita kamen! Nur eineinhalb Zentimeter groß, und Isabella sogar noch nicht ganz einen Zentimeter. Und sie waren auch erst wenige Tage alt. Jetzt sind sie groß. Und sie sind weg, fortgeflogen in die schöne weite Welt.

Fünf kleine Distelfalter-Raupen erreichten am 12. Mai unsere Kita Sonnenschein 2, Die Kinder tauften sie auf die Namen Isabella, Mike, Kevin, Jayden und Mayo. Von nun an konnten wir die Raupen jeden Tag beobachten, wie sie fraßen und Fäden spannten, kletterten, sich ausruhten und dabei wuchsen und wuchsen – nach gut einer Woche waren sie viereinhalb bis fünf Zentimeter groß geworden. Eine Raupe nach der anderen kroch nun zum Deckel des Mini-Terrariums und ließ sich von dort kopfüber nach unten baumeln. Ganz wundersam veränderten sie innerhalb einiger Stunden ihre Gestalt und wurden zu Puppen. Und alle waren schneller als Isabella. Isabella fraß noch zwei Tage länger, dann verpuppte sie sich auch. Jetzt konnten die Puppen umziehen in ihren größeren Käfig. Ob sie wohl bald schlüpfen? So genau kann man das vorher nicht wissen… Vielleicht schlüpfen sie auch nachts oder am Wochenende? Und tatsächlich, in unserer Abwesenheit waren vier Schmetterlinge geschlüpft und begrüßten uns am Montagmorgen munter flatternd durch den Käfig. Sie hatten alle wunderbar gemusterte, farbenprächtige Flügel! Ein Schmetterling wies einen hinteren Flügel auf, aber zu unserer Erleichterung flatterte er genauso anmutig und flink wie seine anderen drei Artgenossen. Und Isabella ruhte noch in ihrem Kokon. Von nun an kümmerten sich die Kinder darum die Schmetterlinge zu füttern: Mit alten Bananen und mit Zuckerwasser. Eifrig rollten die Schmetterlinge ihre Rüssel aus und taten sich gütlich. Am nächsten Tag riefen die Kinder plötzlich: „Isabella ist geschlüpft!“ Und tatsächlich war Isabella aus ihrem Kokon geschlüpft. Am Anfang konnte sie noch nicht fliegen, aber sie gab nicht auf und probierte es immer weiter und ihre Flugversuche wurden von Erfolg gekrönt. Einige Tage lang erfreuten wir uns an unseren Schmetterlingsfreunden, dann kam die Zeit Abschied zu nehmen und sie in die große Welt zu entlassen. „Ich will Kevin nicht freilassen!“, sagte eines der Kinder. Es ist sehr schwer loszulassen, wenn man jemanden liebgewonnen hat. Aber gerade weil jemand einen Platz in unserem Herzen hat und wir das Beste für ihn wünschen, lassen wir los: mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Und mit den besten Wünschen für den weiteren Weg: Unsere Schmetterlinge sollen die schönsten Blumen finden, den leckersten Blumennektar schlürfen, die wärmenden Sonnenstrahlen auf ihren Fühlern und den frischen Windstoß unter ihren Flügeln spüren. Die Welt ist so viel größer und schöner als unser kleiner Schmetterlingskäfig!

Alle fünf Schmetterlinge zögerten auf den Händen der Kinder, als ihnen ihre Freiheit geschenkt wurde. So als fiele es ihnen schwer, die ihnen so vertraute Kita zu verlassen. Oder vielleicht erschien ihnen die Welt so erstaunlich groß, dass sie sich zunächst gar nicht entscheiden konnten, wohin sie fliegen sollten? Aber nach einigen Minuten flogen unsere Distelfalterfreunde dann doch alle davon, in verschiedene Richtungen, der Sonne entgegen. Die Kinder winkten und riefen die besten Wünsche hinterher: „Alles Gute!“ und „Viel Glück!“.
So wie unsere Schmetterlinge verlassen nun bald 33 Kinder unsere Kita und kommen in die Schule. Wir wünschen allen – den kleinen Schmetterlingen und unseren großen Kindern – alles Gute und viel Glück auf ihren weiteren Wegen in der großen, weiten Welt!

Susanne Lucas

Zur Kita „Lingulino“