Eröffnungsrede – erster Queerer Aktionstag im Begegnungszentrum

Auszug aus der Rede von Ark Lucia auf dem ersten Queeren Aktionstag des AWO-Begegnungszentrums

Am heutigen Tag, Donnerstag, 20.06.2024, findet der erste Queere Aktionstag des AWO-Begegnungszentrums Adalbertstraße statt.

Ich bin fest der Überzeugung, dass die Inklusion und die demokratische Teilhabe von queeren Menschen sowie der Kampf gegen Diskriminierung nur dann verwirklicht und gewährleistet werden können, wenn wir es als queere Community dieser Stadt schaffen, Verbündete in unsere Anliegen einzubeziehen.

Mit klaren und einfachen Worten bedeutet das zu erklären, woher unsere Gemeinschaft kommt, welche Herausforderungen wir haben und welche Ziele wir noch erreichen wollen.

Dies bedeutet: Dialog zu fördern, auf unsere Anliegen aufmerksam zu machen und Räume zu beanspruchen, die allen gehören, also auch uns.

In diesem Prozess halte ich es für unverzichtbar, die am stärksten marginalisierten Gruppen unserer Gemeinschaft nicht zurückzulassen, wie trans*, BIPoC und ältere Menschen sowie Menschen mit Behinderungen und queere Geflüchtete, die in diesem Land leben.

Insbesondere auf diese Menschen müssen sich unsere Bemühungen richten, und zwar auf diejenigen, die aufgrund von Kriegen, Diktaturen, rechtsextremer, rechtskonservativer und neukolonialer Unterdrückung flüchten müssen.

In den letzten Jahren wurden viele queere Menschen von einer Welle legislativ bedingter Repression in verschiedenen Teilen der Welt betroffen. Diese gefährdet teilweise oder vollständig ihre Existenz.

Um nur ein paar Beispiele zu nennen: In Uganda, wo ein in diesem Jahr erlassenes Gesetz vorsieht, dass Homosexualität ein Verbrechen darstellt, das mit lebenslanger Haft oder sogar mit der Todesstrafe geahndet wird.

In Russland kommt zur bereits kritischen Situation für viele Individuen, einschließlich der queeren Gemeinschaft, ein Gesetz hinzu, das sogar die queere Bewegung selbst verbietet.

In Italien greift eine post-faschistische rechtsextreme Regierung die Rechte von gleichgeschlechtlichen Eltern an, in dem sie deren Anerkennung von Amts wegen in Frage stellt.

In Georgien Gesetze wird versucht, Gesetze ähnlich denen in Russland zu erlassen, nicht zu vergessen die anti-abortiven und anti-trans Politiken in den Vereinigten Staaten.

Diese Welle von Hass, Unterdrückung und Diskriminierung wird nicht nur uns LSBTIAQ* (Lesben, Schwule, Bi, Inter*, Trans*, Agender und Queere) Personen treffen. Diese Hasswelle trifft (und wird immer mehr treffen) auch Frauen, Kinder, ältere Menschen, Menschen mit Behinderung, geflüchtete Menschen und viele anderen.

Diese Taktik ist nicht neu. Das Leben einer Gruppe der Bevölkerung wird als unnatürlich, als außer Kontrolle geraten, als ein Problem oder eine Krise, die zu bewältigen ist, abgestempelt. Sie suchen sich eine Gruppe aus, um mit den nächsten weiterzumachen. Sie haben es schon getan und sie werden es wieder tun, indem sie unser Leben nutzen, um Macht und Herrschaft zu gewinnen.

Unsere einzige Stärke ist die Gemeinschaft!

Trotz der schwierigen Zeiten habe ich die Hoffnung nicht verloren, da es auch gute Nachrichten gibt. Ein Beispiel ist das neue Selbstbestimmungsgesetz, das noch dieses Jahr in Kraft treten wird, ein seit vielen Jahren notwendiger Schritt. Dieser wird das alte und diskriminatorische Transsexuellengesetz ersetzen, das trans Personen seit Jahrzehnten zwingt, sich traumatischen Verfahren zur rechtlichen Anerkennung ihrer Identität zu unterziehen.

Ich habe Hoffnung, wenn ich hier ins Begegnungszentrum komme und sehe, wie die unterschiedlichsten Menschen sich hier treffen! Das ist letztendlich die Welt, die ich mir auch überall wünsche: eine bewusste Gemeinschaft, die fähig ist, ins Gespräch zu kommen, sich selbst in Frage zu stellen, vielfältig, bunt, kritisch, alt, jung, queer, verbündet, feministisch und politisch engagiert.

Heute wollen wir die Fahne unserer Gemeinschaft hissen, um den internationalen Pride Month zu feiern. Diese Fahne hat sich im Laufe der Zeit verändert. Die Fahne, die Sie heute sehen werden, beginnt mit einem Regenbogen: Rot steht für das Leben, Orange für die Gesundheit, Gelb für das Sonnenlicht, Grün für die Natur, Blau für die Harmonie und Violett für den Geist.

Diese Flagge trifft auf ein gelbes Dreieck mit einem Kreis in der Mitte, das inter*-Personen repräsentiert. Intergeschlechtliche Personen wurden lange Zeit von der Medizin und den Institutionen zwangsoperiert, ignoriert und diskriminiert, weil man sie bei der Geburt nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuschreiben kann.

Dies Dreieck trifft auf ein weiteres, das mit den Farben Weiß, Rosa und Hellblau die Transgender-Community repräsentiert (ohne die wir heute nicht da wären). Die Farben Braun und Schwarz symbolisieren die marginalisierte Gemeinschaft von BIPoC-Menschen. Außerdem soll der schwarze Streifen diejenigen repräsentieren, die mit AIDS und dem dazugehörigen Stigma leben oder daran gestorben sind.

Unsere Gedanken sind bei allen queeren Menschen (seien sie lesbisch, schwul, bi*, inter*, trans*, agender gewesen), die ihr Leben verloren haben, nur weil sie sie selbst waren, oder Opfer staatlicher Gewalt, Krieg und Verfolgung.

Ein besonderer Dank geht an Alfonso Pantisano (Ansprechperson Queeres Berlin der Landesregierung), an meine Kolleg*innen, ohne die diese Veranstaltung nicht möglich gewesen wäre, sowie an den Vertreter*innen aller queeren Vereine, Projekte und Beratungsstellen, die heute dabei sind.

Ein besonderer Dank geht auch an diejenigen, die an dieses neue Projekt geglaubt haben, indem sie mich bei der Organisation von inklusiven, queeren und wichtigen Workshops unterstützt haben: Street Art Berlin, Judy La Divina und The Darwish (Yalla Halfa Berlin).

Wir sind hier, wir sind queer, gewöhnt euch dran!

Vielen Dank an alle.

 

 

I firmly believe that the inclusion, democratic participation of queer people and the fight against their discrimination can only be realized and guaranteed if we queere Community manage to involve allies in our concerns.

In clear and simple words, this means let them know where our community comes from, what challenges we face and what goals we still want to achieve.

This means promoting dialog, drawing attention to our concerns and claiming spaces that belong to everyone, including us.

In this process, I believe it is essential not to leave behind the most marginalized groups in our community, such as trans*, BIPoC and older people, as well as people with disabilities and queer refugees who lives in this country.

These people in particular must be the focus of our efforts, people who are forced to flee because of wars, dictatorships, far-right conservative and neo-colonial oppression.

In recent years, many queer people have been affected by a wave of legislative repression in different parts of the world. This partially or completely jeopardizes their existence.

To name just a few examples: In Uganda, where a law passed this year stipulates that homosexuality is a crime that can be punished by life imprisonment or even the death penalty.

In Russia, where a law banning even the queer movement itself has been added to an already critical situation for many individuals, including the queer community.

In Italy, where a post-fascist far-right government is attacking the rights of same-sex parents and denying their recognition as such by law.

And then there are the attempts to pass laws in Georgia similar to those in Russia, as well as the anti-abortion and anti-trans policies in the United States.

This wave of hate, oppression and discrimination will not only affect us LGBTIAQ* (Lesbian, Gay, Bi, Inter*, Trans*, Agender and Queer) people. This wave of hate also affects (and will increasingly affect) women, children, older people, people with disabilities and many others.

This tactic is not new. The lives of one segment of the population are labeled as unnatural, out of control, a problem or crisis to be dealt with. They pick one group to move on to the next. They have done it before and they will do it again, using our lives to gain power and domination.

Our only strength is community.

Despite the difficult times, I have not lost hope as there are also good news. One example is the new self-determination law that will come into force this year in Germany, a step that has been needed for many years.

This will replace the old and discriminatory Transsexuals Act, which for decades has forced trans people to undergo traumatic procedures for legal recognition of their identity.

I have hope when I come here to the meeting center and see how the most diverse people meet here! Ultimately, this is the world that I would like to see everywhere: a conscious community that is able to enter into conversation, to question itself, diverse, colorful, critical, old, young, queer, allied, feminist and politically engaged.

Today we want to raise the flag of our community to celebrate International LGBTIAQ* Pride Month. This flag has changed over time. The flag you will see today begins with a rainbow: red for life, orange for health, yellow for sunlight, green for nature, blue for harmony and purple for spirit.

This flag meets a yellow triangle with a circle in the middle, representing intersex people. For a long time, intersex people were forcibly operated on, ignored and discriminated against by medicine and institutions because they could not be clearly assigned to the male or female gender by birth.

This triangle meets another one with the colors white, pink and sky blue representing the transgender community (without which we would not be here today). The colors brown and black symbolize the marginalized community of BIPoC people. Also, the black stripe is to represent those who are living with or have died from AIDS and the stigma that comes with it.

Our thoughts are with all queer people (be they lesbian, gay, bi*, intersex, trans*, agender) who have lost their lives simply because they were themselves, or victims of state violence, war and persecution.

Welcome to everyone who is here today to support the first Queer Day of Action of the Begegnungszentrum. A special thanks goes to Alfonso Pantisano (Queer Commissioner Berlin), to all colleagues without whom this event would not have been possible, and to the representatives of all queer associations, projects and counseling who are here today.

 Special thanks go also to those who believed in this new project, who are supporting me by organizing inclusive, queer and important workshops for us today: Street Art Berlin, Judy La Divina and The Darwish (Yalla Halfa Berlin).

We are here, we are queer, get used to it!

Thank you to everyone